Claude Debussy (1862-1918): Children’s Corner, Kleine Suite für Klavier, bearb. für Bläserensemble

Debussy das zufällig entdeckte Talent

Er stammte aus einfachen Verhältnissen und besuchte nie eine Schule. Nur dank eines glücklichen Zufalls wurde eine Frau aus wohlhabenden Kreisen in Paris auf den aufgeweckten Jungen aufmerksam und sorgte für seine Klavierausbildung. 1884 gewann Claude Debussy dann mit dem begehrten Prix de Rome ein Kompositions-Stipendium an der Académie des Beaux-Artes. Der bekannte impressionistische Komponist war ein überzeugter Vertreter französischer Musiktradition, deren oberste Forderung es im 19. Jahrhundert war, Vergnügen zu bereiten.

Petite Suite als Klavierwerk

Dieses spiegelt sich auch in seinem viersätzigen Klavierwerk zu vier Händen Petite Suite wider, das voll von einfacher Harmonik mit forschen Akkorden und einfallsreichen melodischen tänzerischen Rhythmen steckt. Im Anschluss an Reisen ab 1880 in die Schweiz, nach Rom und Russland war Debussy 1887 nach Paris zurückgekehrt und hatte dort 1888 mit der Arbeit an dem Klavierwerk Petite suite begonnen. Bei der Uraufführung im Rahmen einer musikalischen Salonveranstaltung 1889 setzte sich der Komponist selbst ans Klavier, zusammen mit Jacques Durand, dem Sohn des bekannten Verlegers seines Werkes. Die abwechslungsreiche Suite mit den vier Sätzen En Bateau (Im Boot) – Cortège (Aufzugsmarsch) – Menuett und Ballet kam gut an und neben einer Bearbeitung für Klavier zu zwei Händen, entstanden Adaptionen für kleines und grosses Orchester, die in der Stummfilmzeit gerne in den Kinos genutzt wurden.

Komponieren für das eigene Kind

Als am 30. Oktober 1905 Debussys kleine Tochter Claude-Emma zur Welt kam, war er sofort vernarrt in das Kind. Für seine „Chouchou“ (Schätzchen) komponierte der stolze Vater Children’s Corner, eine Sammlung von sechs Stücken, inspiriert von Kinderfiguren und Märchen. Es wird vermutet, dass die Wahl eines englischen Titels dabei ein scherzhafter Verweis auf die in Frankreich grassierende «Anglomanie» war. Der Untertitel des Werks lautet Petite Suite pour Piano seul (Kleine Suite für Klavier allein).

Die Spielzeuge des Children's Corner

Das Werk wird mit «Doctor Gradus ad Parnassum» und Anspielungen auf die Klavieretüden des Komponisten Muzio Clementi eröffnet. Es folgen Stücke, die Chouchous Spielsachen gewidmet sind: Zunächst «Jimbo’s Lullaby», ein sanftes Wiegenlied für einen Stoff-Elefanten, gefolgt von der Serenade an eine Puppe «Serenade for the doll» und der Vertonung des Blicks in eine Schneekugel «The Snow is dancing», einer musikalischen Hommage an eine Schäfer-Spielfigur «The Little Shepherd» sowie der jazzigen Umsetzung eines Kinderbuchcharakters der britischen Illustratorin Florence Kate Upton mit schwarzem Gesicht und abstehenden Haaren in «Golliwogg’s cake-walk».

Debussys Auffassung des Zusammenspiels von Musik und Wort

Der heute als musikalischer Vermittler zwischen Romantik und Moderne geltende Debussy sagte einmal: «Musik beginnt da, wo das Wort unfähig ist, auszudrücken. Musik wird für das Unaussprechliche geschrieben; ich möchte sie wirken lassen, als ob sie aus dem Schatten herausträte und von Zeit zu Zeit wieder dahin zurückkehrte; ich möchte sie immer diskret auftreten lassen.» Die charmanten Zwischentöne seiner Werke lassen sich auch in den gelungenen Bearbeitungen für Bläserensemble wiederfinden und neu erleben.