Edvard Grieg (1843–1907): «Aus Holbergs Zeit», Suite für Streichorchester op. 40
Die Suite für Streichorchester von Edvard Grieg zählt zu den beliebtesten Kompositionen des norwegischen Komponisten. Hier erfahren Sie mehr zu dem Werk.
Nationalstolz aus altem Geiste
Ausgangspunkt für die Komposition war der 200. Geburtstag des Dichters Ludvig Holberg (1684–1754). Das Jubiläum wurde gross gefeiert, um damit das Nationalgefühl Norwegens zu stärken. Denn Norwegen war bis 1814 in einer Union mit Dänemark und anschliessend in einer solchen mit Schweden. Erst 1905 wurde Norwegen unabhängig.
Anlässlich der Feierlichkeiten wurde im norwegischen Bergen, der Geburtsstadt Holbergs, ein Denkmal eingeweiht. Holberg gilt auch als «Molière des Nordens», denn er ist der Begründer der neueren norwegisch(-dänischen) Literatur.
Das Denkmal steht auch heute noch an bester Lage im Stadtzentrum Bergens. Durch Rückbesinnung auf und Erinnerung an die Kultur stärkt man nach wie vor den nationalen Zusammenhalt.
Ein klarer Auftrag
Wie Holberg stammte auch Edvard Grieg (1843–1907) aus Bergen. Deswegen wurde er angefragt, zwei Kompositionen für das Jubiläum zu schreiben. Die Überlegung der Verantwortlichen dahinter war es dabei, Grieg als norwegischen Nationalkomponisten zu inszenieren.
Im Folgejahr 1885 bezog Grieg, der sich national und auch international als Pianist und Komponist einen Namen gemacht hatte, sein ansehnliches Haus in Troldhaugen bei Bergen.
Die erste Komposition, die Grieg zum Jubiläum schrieb, wurde bei der Einweihung des Holberg-Denkmals aufgeführt. Es handelt sich um die Holberg-Kantate für Männerchor. Grieg hat im Vorfeld der Feierlichkeit von Dezember bereits geahnt, dass das Wetter (wie auf dem Bild zu sehen ist) nicht ideal sein könnte: «Schnee, Hagel, Sturm und jede Art von Unwetter, riesiger Männerchor mit offenen Mündern, in die der Regen hineinströmt, ich selbst als Dirigent mit wasserdichtem Umhang, Wintermantel, Gummistiefeln und Schirm! Und danach natürlich eine Erkältung oder wer weiß, was für eine Krankheit! Na ja, so kann man auch für sein Land sterben!»
Die Kantate ist durch und durch patriotisch. Die schöne Landschaft Norwegens wird anschaulich in Szene gesetzt. Und Ludvig Holberg wird als Spross dieser Grossartigkeit glorifiziert. So heisst es z.B.: «Wo die Hügel sich treffen / Mit den Wellen sich treffen, / Hier unter dem Berg / ist Holberg geboren.»
Ein Werk für Streicher?
Die zweite Komposition, die Grieg zum Jubiläum Holbergs schrieb, ist die Holberg-Suite. Wie dem Titelblatt zu entnehmen ist, komponierte Grieg dieses Werk für das Klavier. In der Komposition, die rasch sehr beliebt wurde, sah Grieg verschiedene ältere Satzmodelle vor (Präludium, Sarabande, Gavotte, Air, Rigaudon). Damit wollte Grieg die Zuhörenden in die Zeit von Holberg versetzen.
Aufgrund des grossen Erfolgs der Holberg-Suite schrieb Grieg das Werk bald um und schuf eine Version für Streichorchester. Diese Fassung zählt bis heute zu den beliebtesten Kompositionen Griegs und hat der Originalfassung von Klavier längst den Rang abgelaufen.
Die ursprüngliche Fassung für Klavier
Zum Vergleich können Sie hier die ursprüngliche Fassung der «Holberg»-Suite für Klavier hören.