Joachim Raff (1822–1882):Violinsonate Nr. 1 e-Moll op. 73
I. Bewegt, mit elegischem Pathos
II. Sehr rasch und fein
III. Nicht zu langsam
IV. Bewegt, sehr bestimmt
Die Violinsonate Nr. 1 von Joachim Raff erschien erstmals 2023 in einer Urtextausgabe. Simone Zgraggen und Ulrich Koella spielen aus dieser Ausgabe, die u.a. vom Intendanten der Zuger Sinfonietta, Lion Gallusser, herausgegeben wurde.
Weitere Informationen zur Notenausgabe auf der Website des renommierten Verlags Breitkopf & Härtel, der die Sonate veröffentlichte.
Joachim Raff verfolgte seinen Lebensweg mit außergewöhnlicher Beharrlichkeit. Er war Komponist, der fast alle Gattungen seiner Zeit umfasste, Musikwissenhistoriker und -schriftsteller sowie Pädagoge in einer Person. Sein Stil wird oft als expressiv, emotional und lyrisch beschrieben. Dies ist in der viersätzigen Violinsonate Nr. 1 in e-Moll op. 73 zu spüren, die unter dem Titel «Große Sonate für Violine und Klavier» veröffentlicht wurde. In der Widmung dieser ersten seiner insgesamt fünf Violinsonaten verweist Raff auf den tschechischen Geiger Ferdinand Laub.
Die Stimmung der Sonate steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den aufregenden Ereignissen im Leben des Komponisten, nämlich seiner Liebe zu Doris Genast, die in ihrer Heirat 1859 gefestigt wurde.
«Ich hoffe das ganze Werk […] atme die Empfindung lieblicher und leidenschaftlicher Erinnerungen an dich.»
Die Sonate wurde im April 1854 in Weimar vollendet, als Joachim Raff als freischaffender Komponist und Sekretär von Franz Liszt tätig war. Zur gleichen Zeit schwand dessen Unterstützung. Raff distanzierte sich von ihm und suchte nach einem eigenen Kompositionsstil, der die klassische Form mit seinem eigenen, lebendigen romantischen Ausdruck verband. Besonders wichtig war Raff dabei, vielfältige kompositorische Ansätze in sein Werk zu integrieren.
Und so erinnert der 1. Satz mit seinem weit ausgreifenden Hauptthema an Mendelssohn, der 2. Satz offenbart eine Weiterentwicklung der klassisch-romantischen Kompositionsweise, die Beethoven perfektioniert hatte und an die sich auch Zeitgenossen wie Johannes Brahms machten. Der 3. Satz erlaubt, mit teils virtuosen Begleitfiguren und harmonisch avancierten Passagen, einen tief romantischen, geradezu gepeinigten Einblick in ein Seelenleben à la Sturm und Drang. Der teils aufbrausende letzte Satz greift bereits bekannte Themen wieder auf und schafft damit einen grossen musikalischen Rahmen – eine Idee, die im 19. Jahrhundert besonders populär war.
