Johann Sebastian Bach: «Nun komm, der Heiden Heiland» aus BWV 62

Die Kantate «Nun komm der Heiden Heiland» BWV 61 gehört dank ihrer charmanten Klangfarben und den jugendlich frischen Melodien zu Bachs bekanntesten Kirchenstücken. Gerade zum Konzertmeister am Hof von Johann Ernst von Sachsen-Weimar ernannt schrieb Bach diese für den ersten Sonntag im Advent und führte sie am 2. Dezember 1714 in der Weimarer Schlosskirche erstmals auf. Abgestimmt auf die vorgeschriebenen Lesungen – Röm 13,11–14 LUT und Mt 21,1–9 LUT – finden sich darin Motive vom Einzug Jesu in Jerusalem und seiner Wiederkunft aus der Offenbarung mit einem Appell an die Gläubigen mit der Bitte um Einlass in ihr Herz. Aus dem Hauptlied des 1. Adents Nun komm, der Heiden Heiland von Martin Luther, übernahm der Textdichter Erdmann Neumeister für den Eingangschor die erste Strophe und verwendete als Schlusschoral den Schluss der letzten Strophe von Philipp Nicolais Wie schön leuchtet der Morgenstern. Da traditionsgemäss mit dem ersten Adventssonntag das neue Kirchenjahr beginnt, beinhaltet der dritte Satz auch passend die Bitte um ein «selig neues Jahr». Im vierten Satz zitiert Neumeister direkt aus der Bibelstelle Offb 3,20 LUT: «Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir».

Bach führte die Kantate auch in seinem ersten Jahr in Leipzig am 28. November 1723 nochmals auf. Auffallend ist, dass er die textlich eher enthusiastische und erwartungsvolle Kantate musikalisch eher schlicht angelegte. So würdigte er auch musikalisch die für Lutheraner wichtige Doppelbedeutung. Einerseits hatte der festliche Beginn des liturgischen Jahres am ersten Adventssonntag mit der Vorfreude auf die Weihnachtszeit einen hoffnungsvollen Charakter. Gleichzeitig war dieser Sonntag aber auch Symbol für eine bis zum Weihnachtstag andauernde Zeit der Sparsamkeit und Besinnung.