Pjotr Iljitsch Tschaikowsky: Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester A-Dur op. 33

Werkvideo

1. Wann und wo ist das Werk entstanden?

Die «Rokoko-Variationen» entstanden zwischen Dezember 1876 und März 1877 während Tschaikowskys Moskauer Jahre. Kurz zuvor hatte er seine berühmte Orchesterfantasie «Francesca da Rimini» op. 32 vollendet.

Einen Überblick über Tschaikowskys Leben und Werk erhalten Sie auf der Webseite der Tschaikowsky-Gesellschaft.

2. Was erlebte der Komponist in dieser Zeit?

Auch wenn seine «Rokoko-Variationen» beschwingte Stücke darstellen, verlief das Privatleben des Komponisten alles andere als einfach. Er litt unter schwersten seelischen Spannungen. Zwar hatte er seit 1866 eine Anstellung am Moskauer Konservatorium, die ihm seine Existenz sicherte und erhielt er als Komponist im Ausland sowie in seiner russischen Heimat zunehmend Anerkennung. Doch immer wieder musste er Misserfolge seiner Werke hinnehmen, die ihn in eine tiefe Unsicherheit stürzten. Zudem litt er unter seiner Homosexualität. Nur ein paar Monate nach der Vollendung seiner «Rokoko-Variationen» heiratete er daher seine ehemalige Studentin Antonina Iwanowna Miljukowa, obwohl er in einer romantischen Liebesbeziehung mit dem Violinisten Iossif Kotek war. Über den Geliebten schrieb er im Januar 1877 an seinen Bruder Modest: «Ich bin so verliebt, wie ich es lange nicht war». Über seine frisch angetraute Gemahlin findet er nicht mal einen Monat nach der Heirat im Juli 1877 jedoch nur die Worte: «Der Hass gegen meine Frau wächst von Stunde zu Stunde».

3. Wann wurde das Werk uraufgeführt und publiziert?

Die Uraufführung fand am 30. November 1877 in Moskau unter der Leitung von Nikolai Rubinstein und Wilhelm Fitzenhagen am Violoncello statt. Es war wahrscheinlich die einzige Aufführung in der originalen Fassung. Danach wurde die Komposition von Fitzenhagen überarbeitet und bis 1941 ausschliesslich in seiner Version gespielt. Tschaikowskys Originalfassung erschien erst in den 1950er-Jahren.

4. Wem ist das Werk gewidmet?

Tschaikowsky widmete seine «Rokoko-Variationen» dem Cellisten Wilhelm Fitzenhagen. Wie Tschaikowksy war dieser Dozent am Moskauer Konservatorium und ein hervorragender Cellist. Der Komponist hat es ihm erlaubt, seine Komposition nach Belieben zu bearbeiten, während er sich – um sich von den privaten Strapazen zu erholen – in Clarens am Genfer See aufhielt. Das tat dieser dann auch. Nicht nur änderte er die Reihenfolge der Variationen, auch strich er eine achte Variation, die Tschaikowsky geschrieben hatte. Er kürzte, ergänzte und änderte die Komposition also nach seinem Gutdünken. In dieser Fassung wird das Werk in der Regel auch heute noch gespielt – so auch bei der Zuger Sinfonietta.

5. Was sollte man über die Musik wissen?

Die «Rokoko-Variationen» sind Tschaikowskys einziger Beitrag für Violoncello und Orchester. Sie können als Hommage an Wolfgang Amadeus Mozart verstanden werden. Daher auch der Titel: «Rokoko» bezieht sich nicht auf eine Welt der Perücken und der Opulenz, sondern auf eine Klangwelt. Das Thema, das Tschaikowsky dann in acht Variationen bearbeitete, stammt nicht vom Mozart selbst, ist aber stilistisch an dessen Musik angelehnt. Und was heisst das? Mozart war für Tschaikowsky das «sonnige Genie», das ihn «zu Tränen» rührte – so meinte der Komponist. Kein Wunder also, dass sich der Russe in dieser für ihn schweren Zeit auf diese Zeitreise begab.

Mozarts Musik war für Tschaikowsky ein Seelentröster. So meinte er auch: «Mozarts Musik zu lauschen bereitet mir ungetrübte Freude, löst ein Gefühl der Wärme in mir aus, ruft ein Empfunden hervor, als habe ich gute Tat vollbracht.»

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