Francis Poulenc (1899-1963): Konzert für Orgel, Streicher und Pauke g-Moll FP 93
Fünf Fragen, fünf Antworten. Erfahren Sie hier die wichtigsten Fakten zu den Kompositionen des zweiten Abo-Konzerts der Zuger Sinfonietta.
1. Wann und wo ist das Werk entstanden?
Francis Poulenc verfasste sein Konzert für Orgel, Streicher und Pauke zwischen 1934 und 1938 in Paris als Auftragswerk der Princesse de Polignac – bzw. Winnaretta Singer. Sie war die Ehefrau des homosexuellen französischen Komponisten Edmond de Polignac, Erbin des US-amerikanischen Nähmaschinenfabrikanten Isaac Merritt Singer und eine tüchtige Musikmäzenin.
2. Was erlebte der Komponist in dieser Zeit?
Während Poulenc an seinem Konzert arbeitete, starb sein enger Freund Pierre-Octave Ferroud. Der französische Komponist, Konzertveranstalter und Musikkritiker war in den 1920er-Jahren ein begeisterter Bewunderer der Komponistengruppe «Groupe des Six» gewesen, zu der Poulenc gehört hatte. Der Tod des Freundes veränderte Poulenc. Er wurde ernster, fand zurück zum katholischen Glauben und liess sein Image als «enfant terrible» so endgültig hinter sich. Auch die politischen Verhältnisse in Europa – der Zweite Weltkrieg war nicht mehr lange entfernt – führten dazu, dass Poulenc kein «Spassvogel» mehr sein wollte.
3. Wann wurde das Werk uraufgeführt und publiziert?
Das Konzert für Orgel, Streicher und Pauke kam am 16. Dezember 1938 im Pariser Salon von Winnaretta Singer zur Uraufführung. Die Princesse war eine Schülerin der berühmten Komponistin, Pianistin und Dirigentin Nadia Boulanger und dazu eine begabte Pianistin sowie Organistin. Daher besass sie eine prachtvolle Cavaillé-Coll-Orgel, an der das Werk zur Uraufführung kommen sollte. Den Solopart übernahm dabei aber nicht die Auftraggeberin, sondern der Organist Maurice Duruflé. Er hatte Poulenc – der nicht Orgel spielen konnte – beim Verfassen des Konzerts zur Seite gestanden. Die Leitung übernahm Singers Lehrerin Nadia Boulanger.
Öffentlich zur Aufführung kam das Werk ein halbes Jahr später: am 21. Juni 1939 im Pariser Salle Gaveau. Wieder übernahm Duruflé den Solopart. Begleitet wurde er vom Orchestre symhonique de Paris unter der Leitung des französischen Dirigenten Roger Désormière.





4. Wem ist das Werk gewidmet?
Poulenc widmete das Konzert der Auftraggeberin. Er schrieb: «Dediée très respectueusement à la Princesse Edmond de Polignac».
5. Was sollte man über die Musik wissen?
Poulenc selbst meinte zu seiner Komposition: «Wenn man eine genaue Vorstellung von meiner seriösen Seite haben will, muss man – neben meinen religiösen Werken – dieses Konzert betrachten.» Zudem behauptete er, dass das Konzert von seinem «Weg ins Kloster, sehr nach Art des 15. Jahrhunderts» erzählen soll. Ganz stimmt dies allerdings wohl nicht. Das Stück zeigt uns durchaus immer noch seine humoristische Seite. Der französische Musikkritiker Claude Rostand bezeichnete Poulenc einmal als eine verwegene «Mischung zwischen Münch und Lausbub». Und genau diese «Mischung» können wir in seinem Konzert für Orgel, Streicher und Pauke finden.
Denn zwar werden wir am Anfang augenscheinlich ins Kloster mitgenommen – hier finden sich Anklänge an Bachs g-Moll-Fantasie BWV 542 –, aber danach gibt es doch noch einige spassbringende Verlockungen aus Poulencs Heimat, der Stadt Paris. Mit Schein-Zitaten von Tschaikowsky über Strawinsky bis hin zu Unterhaltungsmusik wie Drehorgel-Imitationen entsteht ein klingendes Panorama des Lebens, in dem sowohl dessen Ernst als auch das quirlig Profane seinen Platz findet, ehe wir wieder im Kloster ankommen und das Konzert mit den majestätischen Bachanklängen des Beginns endet.
Hör- und Leseprobe gefällig?
Lesen Sie die Noten, während Sie einen Eindruck durch die Einspielung gewinnen.
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